9. Auf nach Afrika
- SY JollyJumper
- Apr 5, 2019
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Am 13. Dezember liessen wir nach dem Mittagessen die Leinen im Hafen von Las Palmas los um in Richtung der Kapverden zu segeln. Mit Karim hatten wir ein neues Crew-Mitglied gewonnen und erhofften uns eine sehr gemütliche Überfahrt mit Dani und Karim an Bord. Der Wind kam perfekt aus nördlicher Richtung und war noch schwach genug, dass wir es wagten, Violetas «neuen» Gennaker auszuprobieren, den wir in Las Palmas für 300€ gekauft hatten. Das Segel war riesig, etwas unförmig, da ein altes Model, aber gab uns dennoch etwas zusätzlichen Speed. Doch nach nur 15 Minuten machte es ratsch; das Segel im unteren Drittel völlig aufgerissen, und zwar so, dass es uns unmöglich war das Ding irgendwie zu reparieren. Also packten wir es wieder in den grossen Sack ein und setzten unser «altes», geflicktes und an den 3 Enden verstärktes Segel. Doch nach diesem etwas unruhigen Start, waren dann die darauffolgenden 7 Tagen eher gemütlich. Die Jungs hatten die Wachen unter sich aufgeteilt und Alina konnte sich mehr auf die Kinder konzentrieren. Wobei Dalia und Alexa sich tagsüber auch sehr gerne mit Dani und Karim beschäftigten. Es wurde tatsächlich niemandem langweilig, obwohl wir auch einige Stunden Flaute hatten und vor uns hinschaukelten.
Mit dem aktiven Fischen waren wir leider nicht sehr erfolgreich, passiv jedoch schon. Jeden Morgen fanden wir Fliegende Fische an Deck und mussten sie dann wieder über Bord lassen. Eigentlich essbar, schmecken diese Fische nicht besonders. Und so liessen wir bis auf einige, die wir selber als Köder benutzten, wieder alle ins Wasser. Wir bekamen aber auch Besuch von anderen Meeresbewohner. Nach unserem Flautestopp auf halber Strecke, besuchten uns jeden Tag dutzende von Delfinen. Immer um die Mittagszeit, genau wenn das Essen bereit war, tauchten sie auf und spielten vor unserem Bug und um das ganze Schiff herum. Es waren Gruppen von 40-50 Tieren und die Jungen düsten wie Torpedos durch die Luft. Im Gegensatz zu diesem täglichen Zirkuserlebnis tauchte eines Nachmittags direkt neben unserem Schiff ein grosser Walrücken auf. Ruhig und majestätisch verschwand er dann wieder in der Tiefe des Ozeans. Erschrocken aber auch berührt realisierten wir, dass der Wal grösser als unser Schiff gewesen sein muss… was wäre wohl passiert, wenn wir ihn gerammt hätten?
Nach den eher ruhigen Tagen kam dann gegen Ende der Überfahrt doch noch genug Wind auf um richtig vorwärts zu kommen. Am letzten Tag auf See wurde es um die Mittagszeit wieder etwas ruhiger und so konnten wir unseren ersten grossen Fisch fangen und tatsächlich auch ins Schiff holen. Es war eine 117 cm lange Goldmakrele (Blue Marlin genannt). Der Name ist nicht weit hergeholt; noch im Wasser schimmert der Fisch türkis-blau und wir dachten Anfangs sogar ein Stück Plastik gefischt zu haben. Karim erdolchte ihn mit dem längsten Messer, das wir in der Küche fanden. Er traf das Hirn perfekt, nach einigem Zucken war das Tier erledigt, schon irgendwie gruselig, und doch gehört das Töten doch irgendwie zu unserer Spezies. Das Ausnehmen erledigten dann Alina und Dani, es bescherte uns 4 Riesen-Filets und einige zusätzliche leckere Stückchen Fisch. Noch am gleichen Abend gab es wunderbare Sushi in verschiedensten Variationen. Für die Kinder brieten wir den Fisch in der Pfanne mit etwas Olivenöl, auch so schmeckte die Makrele vorzüglich.
Nach unserem Festmahl verzogen sich alle ausser Karim in die Kojen, seine letzte Wache endete um 23 Uhr. Dann holte er Christoph aus den Federn, kaum war dieser im Cockpit kam auch der ersehnte Leuchtturm in Sicht. Laaaaaaand in Siiiiiiicht!! Schon ein geniales Gefühl jedes Mal, man mag ja so gerne Segeln und das weite Meer geniessen, aber das Gefühl des Ankommens ist halt doch das Schönste. In den letzten Stunden hatte sich auch das Meer deutlich aufgewühlt, also ein kleines Schlussbouquet, wir stürmten mit nur Yankee und Besan zur Insel Sal zu. Unser Ziel, Palmeira erwarteten wir ungefähr nach einem Drittel der Insel auf deren Westseite. Kaum waren wir neben der Insel, verschwanden auch die Wellen mehr und mehr, ein schönes Gefühl, mit stetigen 4 Windstärken, aber kaum mehr Wellen noch die letzten Meilen zu Segeln. Die Hafeneinfahrt war dann etwas anspruchsvoll, wir hatten «nur» einen Atlantikführer zur Hand, genaue GPS-Karten gibt es nämlich keine. Geschickt umrundeten wir noch den unerwarteten Südkardinal mitten in der Hafeneinfahrt und schlängelten uns durch die zahlreichen vor Anker liegenden Schiffe. Es war nun 3 Uhr nachts am 21. Dezember, der Hafen war gerade genügend beleuchtet, dass wir auch die Yachten ohne Ankerlicht früh genug sahen. So liessen wir den Anker auf 5m Tiefe in den Sand sinken, geschafft, 770 Meilen in siebeneinhalb Tagen, nicht mal so schlecht!